Wehrt sich ein Mieter gegen die Kündigung seines Mietverhältnisses und macht einen Härtefall geltend, der einer Beendigung entgegensteht, so muss sich das Gericht umfassend mit der persönlichen Situation des Mieters auseinandersetzen. Seinen Vortrag zwar als wahr zu unterstellen und sich zum Nachteil des Mieters jedoch kein eigenständiges Bild zu machen, reicht nach Ansicht des Bundesgerichtshofs dabei nicht aus. In dem entschiedenen Fall kündigte der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs für die vierköpfige Familie seines Sohns. Die Mieter widersprachen der Kündigung, da einer der Mieter gesundheitliche Einschränkungen habe und an einer beginnenden Demenz leide, die sich zu verschlimmern drohe, wenn er aus seiner gewohnten Umgebung gerissen würde. Die Vorinstanz unterstellte das Vorbringen der Mieter als wahr, befand dieses aber für nicht ausreichend, um eine Kündigung zu verhindern.
Ein vom Gesetz geforderter Härtefall liege nicht vor, da das Interesse des Vermieters an einer Beendigung des Mietverhältnisses überwiege.
Der Bundesgerichtshof widersprach der Auffassung der Vorinstanz, da diese sich nicht mit der existenziellen Bedeutung der Situation des Mieters auseinandergesetzt habe. Gerade bei drohenden schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen oder Lebensgefahr seien die Gerichte gehalten, sich bei Fehlen eigener Sachkunde mittels sachverständiger Hilfe ein genaues und ein nicht nur oberflächliches Bild der Lage zu verschaffen. Sie müssten ermitteln, welche gesundheitlichen Folgen im Einzelnen für den Mieter mit einem Umzug verbunden wären. Erst dann könnten diese die Konsequenzen sachgerecht abwägen.
Folglich hat das Gericht die Entscheidung der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Verhandlung dorthin zurückverwiesen.
Fundstelle: § 574 Abs. 1 BGB. BGH, Urt. v. 15.03.2017, VII ZR 270/15, LEXinform 0446096.