Wenn das Studium eine Berufstätigkeit des Kindes voraussetzt

Viele volljährige Kinder, die ihre erstmalige Berufsausbildung oder ihr Erststudium abgeschlossen haben, absolvieren anschließend eine weitere Ausbildung. Eltern stehen während dieser weiteren Ausbildung nur dann Kindergeld und Kinderfreibeträge zu, wenn das Kind nebenher keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht. Dann gewähren Familienkassen die kindbedingten Vergünstigungen längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können „mehraktige Ausbildungen“ mitunter noch als einheitliche Erstausbildung angesehen werden. Der Umfang der Erwerbstätigkeit darf dann erst nach dem Abschluss des letzten Ausbildungsakts (z.B. des Masterstudiengangs) eine Rolle spielen. Voraussetzung ist aber, dass die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusammenhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte betreffen und aufeinander folgen) und das Kind sein angestrebtes Berufsziel durch den ersten Abschluss noch nicht erreicht hat.

 

Hinweis:

Die Finanzverwaltung hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen und erkennt daher beispielsweise Masterstudiengänge, die zeitlich und inhaltlich auf den Bachelorstudiengang abgestimmt sind, regelmäßig noch als Teil der Erstausbildung an.

In einem neuen Urteil hat der BFH seine Rechtsprechung zum Einstieg in die Erwerbstätigkeitsprüfung um einen weiteren Mosaikstein erweitert. Er hat entschieden, dass ein zweiter Ausbildungsabschnitt nicht mehr zu einer einheitlichen Erstausbildung gezählt werden darf, wenn er eine Berufstätigkeit des Kindes voraussetzt. Im Streitfall hatte eine volljährige Tochter zunächst eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen absolviert und danach mehrere Monate als Klinikangestellte gearbeitet. Schließlich reduzierte sie ihre Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden und nahm ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie (Fachrichtung „Betriebswirtin VWA“) auf, das eine vorherige Berufstätigkeit voraussetzte. Der BFH erkannte dem Vater für die Zeit des Weiterbildungsstudiengangs kein Kindergeld mehr zu. Das Studium sei aufgrund der geforderten Berufserfahrung nicht mehr als integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung anzusehen.

 

Hinweis:

Muss ein Kind zur Aufnahme einer Zweitausbildung eine Berufstätigkeit vorweisen oder war es nach seiner ersten Ausbildung zunächst freiwillig berufstätig (nicht nur zur kurzfristigen Überbrückung), darf der zweite Ausbildungsabschnitt somit nicht mehr zur

Erstausbildung gerechnet werden. Folglich darf das Kind während des zweiten Ausbildungsabschnitts nicht mehr als 20 Wochenstunden arbeiten, sonst geht den Eltern der Kindergeldanspruch verloren.

BFH, Urt. v. 04.02.2016 – III R 14/15; www.bundesfinanzhof.de