Privilegierung des Betriebsvermögens bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer teilweise verfassungswidrig

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Mit Urteil vom 17.12.2014 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Teile des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) – insbesondere die Privilegierung von Betriebsvermögen – für verfassungswidrig erklärt.

 

Nach seiner Begründung liegt es grundsätzlich im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen.

Als mit der Verfassung unvereinbar befand das BVerfG insbesondere:

 

  • Die Privilegierung/Verschonung von Unternehmen, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine entsprechende Bedürfnisprüfung vorzusehen.
  • Die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme.
  • Die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %.
  • Regelungen des Erbschaftsteuergesetzes, die Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen.


Die Vorschriften sind zwar zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber muss jedoch bis spätestens 30.6.2016 eine Neuregelung treffen. Die Fortgeltung der „verfassungswidrigen“ Normen begründet jedoch keinen Vertrauensschutz gegenüber einer bis zur Urteilsverkündung (17.12.2014) rückwirkenden Neuregelung, die einer exzessiven Ausnutzung der gleichheitswidrigen Regelungen im ErbStG die Anerkennung versagt. D. h. der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet die verfassungswidrige Norm über den 17.12.2014 hinaus anzuwenden. Ob er davon Gebrauch macht, steht zzt. noch nicht fest. In einer Pressemitteilung vom 17.12.2014 teilt das Bundesfinanzministerium mit, dass die Bundesregierung an den Maximen – keine Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Belastung und verfassungskonforme Begünstigung übertragenen betrieblichen Vermögens – festhalten will.

 

ANMERKUNG

Grundsätzlich muss festgestellt werden, dass die Neuregelungen den Vorgaben des BVerfG entsprechen müssen. Auch wenn dem Gesetzgeber eine Frist bis 30.6.2016 zur Änderung des ErbStG eingeräumt wurde, kann eine rückwirkende Änderung dazu führen, dass Gestaltungen dann nicht die erhofften Steuervorteile nach sich ziehen. Des Weiteren muss davon ausgegangen werden, dass das ErbStG nach dem 30.6.2016 nicht unbedingt vorteilhafter sein wird als davor.

Fundstelle:

BVerfG, PM Nr. 116/2014 v. 17.12.2014, BVerfG-Urt. v. 17.12.2014 – 1 BvL 21/12 BMF-PM Nr 55 v. 17.12.2014 (DW20150203)